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1968 und die Musik

Prof. Dr. Peter Wicke über ein großes Missverständnis

 

 

Prof. Dr. Peter Wicke und Musikpädagoge Dr. Oliver Kautny, Bergische Universität. Prof. Dr. Peter Wicke und Musikpädagoge Dr. Oliver Kautny, Bergische Universität.

"Mit der Gitarre in der Hand die Welt zu verändern… 1968 und die Auswirkungen auf die Musik" war das Thema am dritten Vortragsabend der Ringvorlesung über 1968 – 40 Jahre danach. Zu Gast in der Elberfelder CityKirche war auf Einladung von Prof. Dr. Kurt Erlemann (Ev. Theologie) Professor Dr. Peter Wicke von der Humboldt-Universität Berlin, wo er Direktor des Forschungszentrums für Populäre Musik ist und Theorie und Geschichte der Populären Musik lehrt. Sein Kern-Statement zu 1968: "Musik und '68 ist ein einziges großes Missverständnis."

Drei "Missverständnisse", so der Referent, verbinden sich im Hinblick auf "Progressive Rock", "Psychedelic Rock" und "Art Rock" bzw. "Experimental Rock" mit 1968. Prof. Wicke zum "Progressive Rock": Seit dem Festival von Monterey am 17. Juni 1967 sei die Popmusik politisiert worden, die brennende Gitarre von Jimi Hendrix als Fanal für den Aufstand gegen das Establishment interpretiert worden (übrigens gegen die Intention des Musikers). Seither musste Popmusik progressiv sein und wurde als "Werkzeug für die anarchistische Revolution" eingesetzt. Die Musiker (neben Jimi Hendrix insbesondere Who, Rolling Stones) hätten dieses Ansinnen zuerst gutwillig mitgetragen, um sich nach und nach von der politischen Vereinnahmung ihrer Musik zu distanzieren. Als Beispiel für die Distanzierung nannte Prof. Wicke den Song "Revolution" der Beatles von 1968 und zitierte aus einem Pressestatement von Paul McCartney: "We're the world's number one capitalists" (Time Magazine 1968). Damit sei die politische Vereinnahmung des "Progressive Rock" endgültig als Missverständnis entlarvt worden.

Psychedelic Rock: Popmusik sei im Summer of Love (1967) als Subkultur der Hippies interpretiert worden, beides hatte aber ursprünglich gar nichts miteinander zu tun, wie die Texte der einschlägig als Hippie-Symbole bekannten Songs zeigen (z.B. "Grateful Dead", The Golden Road 1968). Die Gruppe Jefferson Airplane habe in ihrem Song "White Rabbit" (1968) am ehesten Affinität zur Hippie-Kultur. Eine Wirkung der Hippie-Kultur sei die Entstehung "ganzheitlicher" Kulturevents (Bill Hamm, Light Show Artist, Liquid Art).

Und Wicke weiter zum Experimental/Art Rock: Diese Musikrichtung (Frank Zappa; Captain Beefheart) habe sich als kunstästhetische, nicht als politische Oppositionsbewegung verstanden. So gesehen habe auch sie mit den politischen Ereignissen der Zeit nichts zu tun.

Das Woodstock-Festival (August 1969) markiert nach Einschätzung des Berliner Musikwissenschaftslers den Endpunkt der Politisierungsphase der Pop- und Rockmusik, stellte Wicke fest – insofern sei der "Mythos '68" von der Plattenindustrie bewusst kalkuliert vermarktet worden.

Prof. Wickes Fazit: Alle drei Sichtweisen der Popmusik hätten Spuren hinterlassen, der gesellschaftspolitische und kulturelle Anspruch sei nicht mehr aus der Popmusik wegzudenken. Der Punkrock ab den 70er Jahren bedeutete die Befreiung der Popmusik aus den Vorgaben der Musikindustrie (Bildung von Independent Labels). Heute sei Pop- und Rockmusik ästhetisch völlig offen und lasse sich nicht mehr durch Plattenfirmen reglementieren; was wesentlich durch die technologischen Möglichkeiten, die eigene Musik an der Industrie vorbei zu produzieren und zu vermarkten, begünstigt werde (Rap, Hip-Hop).

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Auch die dritte Veranstaltung der Ringvorlesung über 1968 war wieder gut besucht und lockte Zuhörer aller Altersklassen an. Prof. Wicke reicherte seinen Vortrag in der CityKirche durch einschlägige Musikbeispiele und Bildeinspielungen unterhaltsam an. Für die Technik sorgte der Theologiestudent Martin Langer.

Am kommenden Montag, 5. Mai, geht die Ringvorlesung weiter mit dem Wuppertaler Architekturhistoriker Prof. Frank R. Werner zum Thema "Architektonische Utopien jenseits des Pflasterstrandes".

Auch in Seminarveranstaltungen der Bergischen Universität findet das Thema "1968" in diesem Sommersemester seinen Niederschlag. Seminare bieten an: die Anglistin/Amerikanistin Dr. Bettina Hofmann zum Thema "The 1960s in the United States: Contexts and Visions" (dienstags 16-18 Uhr), der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. über "68er Literatur" (Mittwochs 10-12 Uhr) und der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans J. Lietzmann über "Die Studentenbewegung und ihre Folgen für Politik und Politische Kultur in Deutschland und Europa" (montags 12-14 Uhr).

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