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1968 und die evangelische Kirche

Prof. Dr. Okko Herlyn war 1968 AStA-Vorsitzender an der KiHo



"Treibdet nur nich zu toll! - 1968 und die Folgen für die evangelische Kirche", dies war diesmal das Thema der Ringvorlesung über 1968 – 40 Jahre danach. Zu Gast in der Elberfelder CityKirche war Prof. Dr. Okko Herlyn, der an der Evangelischen Fachhochschule Bochum Ethik, Anthropologie und Theologie lehrt. Außerdem ist er Privatdozent für Praktische Theologie an der Ruhruniversität Bochum. Im Sommersemester 1967 (mit dem "berühmten" 2. Juni) war er AStA-Vorsitzender an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Sein persönliches Statement zum Thema '68 und die Folgen: "68 ist ein Stück Zeitgeschichte, das ich mir aus meiner Biografie nicht wegdenken kann und auch nicht wegdenken möchte."

Die Studentenunruhen von 1968 hatten in Wuppertal eine Vorgeschichte. Dazu gehörten beispielsweise Proteste gegen den Besuch des damaligen Bundeskanzlers Ludwig Erhard, der Studenten unter anderem als "schamloses Gesindel" verunglimpft hatte. Das Klima während der ersten Wuppertaler Demonstrationen wegen der Erschießung des Berliner Studenten Benno Ohnesorg im Juni 1967 war noch relativ entspannt. Ca. 700 Studenten gingen auf die Straße. 1968 jedoch, nach dem Attentat auf Rudi Dutschke, war das Klima deutlich aufgeheizter. Als unmittelbare Folge von '68 sieht Prof. Herlyn eine Politisierung der Studierenden, die Gründung der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und ein heftiges gesellschaftskritisches Engagement der Studierenden, beispielsweise gegen die Springer-Presse.

Später seien "die '68er" zur Chiffre für politische Revolte, sexuelle Freizügigkeit und überhaupt zur Wurzel aller negativen gesellschaftlichen Entwicklungen seither geworden und die Ideen von '68 als gefährliche Utopien gebrandmarkt worden. Heute bestimmt nach Ansicht von Prof. Herlyn "unverhohlene Häme" das Bild, "ehemaligen '68er" würden als unglaubwürdig abgestempelt, weil ihre Utopien sämtlich gescheitert seien und die meisten sich gesellschaftlich etabliert hätten. Der Mythos vom notwendigen Scheitern einer Utopie ist nach Auffassung von Herlyn Hauptgrund dafür, dass heute die so genannte "Realität" mit ihren Sach- und Sparzwängen jegliche Vision von einer gerechteren Gesellschaft im Keim ersticke bzw. zu betulichen, privaten Traumnischen einzelner Menschen habe verkümmern lassen.

Die Entwicklung in der evangelischen Kirche ist laut Prof. Herlyn, der vor seiner Hochschultätigkeit Gemeindepfarrer in Duisburg war, Spiegel dieser Entwicklung. Anfängliche Impulse aus '68 – unter anderem die so genannten "politischen Nachtgebete" sowie informations- und aktionsorientierte Gottesdienstformen – seien mit der Zeit deutlich nach innen gekehrten, harmloseren und spirituellen Formen christlich-kirchlicher Existenz gewichen. Gott selbst sei heute weithin zu einer "harmlosen Puppe" verkommen. Prof. Herlyn: "Auch in der Kirche lassen die so genannten Sach- und Sparzwänge lebenswichtige Visionen, wie sie die Bibel in den Raum stellt, verkümmern."

"Wo keine Visionen sind, wird das Volk veröden" – dieser Bibelspruch (Sprüche 29,18) bringt nach Herlyn das Hauptmanko evangelischer Kirchlichkeit auf den Punkt. So betrachtet könne '68 zu einer wertvollen "Erinnerungskrücke" für heute werden, indem es visionäre Verheißungen von eine neue, gerechtere Welt ins Bewusstsein rufe, die schon jetzt unter Christen Gestalt annehmen könnte und müsste.

Statt es "nur nich zu toll zu treiben", müsste man es "noch viel toller als damals treiben", um die Möglichkeit einer neuen Welt schon heute zu demonstrieren. In der Kirchentagsbewegung, im Engagement für fair gehandelte Waren sowie in zahlreichen anderen, gesellschaftspolitsch orientierten Aktionen sieht Prof. Herlyn, der seinen Vortrag durch Lieder – mit Gitarre! – von Franz Josef Degenhardt und mit einer Eigenkomposition zum Thema garnierte, bis heute sichtbare Spuren der Visionen von 1968.

www.1968.uni-wuppertal.de

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